Deutsch Intern
Graduiertenschule für die Geisteswissenschaften

Wohlthat, Christian

Wir gratulieren herzlich zum bestandenen Kolloquium
am 14. März 2016.

Thema der Dissertation:
"De civitatibus Isidis: Ägyptische Kulte in der Zweiten Sophistik zwischen Diskursen, Vergesellschaftungsformen und Identitäten."

Stipendium: „Würzburg-Stipendium“ der Graduiertenschule für die Geisteswissenschaften der Universität Würzburg  (1. Oktober 2009 - 30. September 2012).

Kontaktadresse an der Universität Würzburg:
Institut für Geschichte
Lehrstuhl für Alte Geschichte
Residenzplatz 2, Tor A (Südflügel)
D-97070 Würzburg

E-Mail an Herrn Wohlthat

Erstbetreuer: Prof. Dr. Rene Pfeilschifter

Zweitbetreuer:

Prof. Dr. Bernhard Heininger

Prof. Dr. Ruprecht Ziegler, Universität Duisburg-Essen

Klasse in der Graduiertenschule: "Altertum, Geschichte und Religion"

Promotion in der Graduiertenschule seit WS 2009/2010.

Abstract:

Integration des Isis-Kultes in die griechisch-römische polis-Gesellschaft
Das Projekt zeichnet die Integration des Isis-Kultes in die griechisch-römische Gesellschaft nach. Dabei spielen sowohl die mittelplatonische Theologie und Kosmologie eine Rolle, als auch ihre Rezeption und Umsetzung durch Kultfunktionäre des Isis-Kultes. Hier stechen besonders die Pastophoren als Akteure heraus.

Die Betrachtung der hellenistischen und kaiserzeitlichen Religionsgeschichte zeigt, dass ein. Wandel der theologischen Konzepte in der griechisch-römischen Kultursphäre während des Mittelplatonismus auszumachen ist. Die Untersuchung des Isis-Kultes bietet sich als Schlüssel besonders an, weil nicht nur die durchgehenden inschriftliche und numismatische Überlieferung vom Hellenismus bis in die späte Kaiserzeit gegeben ist, sondern mit Plutarchs De Iside et Osiride und Apuleius’ Metamorphosen zwei wesentliche Schriften erhalten sind, die Kernelemente der Theologie und Kulthierarchie preisgeben. Damit bietet der Isis-Kult, stellvertretend für eine breiter zu denkende, populäre Rezeption der neuen theologischen Konzepte in anderen Kulten, eine überragende Projektionsfläche für die Untersuchung des theologischen Wandels.

These: Der doppelte Kult der Isis
Die Inschriften des Isis-Kultes (und in Teilen des Sarapis-Kultes), von L. Vidman zusammengetragen und von L. Bricault neu ediert und übersetzt, legen Folgendes nahe: Die ägyptischen Kulte erreichten die griechischen poleis zunächst auf Delos und in Athen. Hierbei stellt Delos einen singulären Glücksfall dar, weil sich die Integration in das delische Pantheon aus innerkultischer Sicht nachvollziehen lässt. War der Kult zunächst noch privat, also nicht Teil der offiziellen Kulte, und die Funktion des hiereus in ägyptischer Tradition erblich und lebenslang ausgeübt, so änderte sich das mit der Offizialisierung des Kultes. Die hiereis wurden nun Bürger von Delos, das Amt wurde in üblicher Weise jährlich vergeben, also deprofessionalisiert. Das rituelle Spezialwissen führte nun eine neue Gattung von Kultfunktionären weiter, deren erster ein Vertreter aus Kasion kam.

Diese Art von Spezialisten wurde in der Forschung bislang, ebenso wie der hiereus, durchgehend als „Priester“ bezeichnet. Die „Priester“ wurden, auch für die spätere Zeit, als „Ägypter“ ausgewiesen. Beide Generalisierungen sind durch Inschriften nicht belegbar. Die exakte Verbreitung des Kultes durch die griechisch-römische Welt in den folgenden Jahrhunderten läst sich leider nur bruchstückhaft nachzeichnen. Die treibende und mobile Kraft hinter dem Kult scheinen aber die Pastophoren gewesen zu sein, die zur sozio-ökonomischen Elite ihrer jeweiligen poleis gehört haben dürften und die, nach den hiereis, zu den bestbezeugten Funktionären gehören. Die Pastophoren engagierten sich zudem in anderen Kulten. Dies konnten nicht nur weitere Mysterienkulte sein, sondern auch der Kaiserkult. Dies zeigt die politische Bedeutung der Kulte in den poleis an. Die Pastophoren inszenierten, was sich am ehesten als „Doppelten Kult der Isis“ fassen lässt. Basierend auf einer Offenbarungstheologie, wie sie sich in Apul. met. XI,6 und der Isis-Aretalogie von Kyme zeigt, lässt sich nicht nur ein Bild der Isis aus Sicht des Kultes zeichnen, sondern auch vom göttlichen Auftrag an die Anhänger des Kultes. Diesen gilt es auszuführen, um das in Aussicht gestellte Heil zu erlangen.

Isis steht so für den Gedanken einer kosmologischen Schöpfergottheit ein, von der aber zumindest Apuleius verdeutlicht, dass Isis zwar der wahre Name sei, viele aber andere Namen wie Ceres oder Hekate verwenden. Das metaphysische, aristotelische Model des „unbewegten Bewegers“ hat also nach der Metaphysik auch in der Theologie Anklang gefunden, um dann in der theologischen Diskussion bis in Plutarchs Zeit eine Wandlung erfahren zu haben. Kurz: Der erste Beweger wurde in der Theologie zur heilbringenden Himmelskönigin. Das Wissen um  diesen Umstand ist Teil der Mysterien und wird in dem Mysterienkult weitergegeben. Für den offiziellen Kult spielt es keine entscheidende Rolle. Hier gilt weiter die unverfängliche, tradierte Annahme, dass ein prosperierender Kult das positive Augenmerk der Gottheit auf die polis  lenkt. Der Vertrag zwischen polis und Gottheit wird konstant erneuert, symbolisiert durch das Opfer. Dieser offizielle Kult wird durch den hiereus ausgeführt und repräsentiert. Die rituellen Kenntnisse aber hüteten die Spezialisten. Die einjährig amtierenden hiereis hätten das speziell Ägyptische, egal ob tradiert oder nur gedacht, der Rituale vermutlich nicht in der kurzen Zeit ihres Amtes erlernen können. Diese Spezialisten treten in Form mehrerer Gruppen auf. Von ihnen sind die Pastophoren nicht nur epigraphisch am reichsten vertretenen. Ihre Inschriften sind auch diejenigen mit den meisten Querverbindungen zu anderen Kulten, so dass sich die Pastophoren quantitativ und qualitativ am besten auswerten lassen. Und es sind eben jene Pastophoren, denen der Lucius des Apuleius beitritt: Apuleius lenkt den Leser also selbst auf diese Gruppe.

Der hiereus hingegen ist eine Schnittstelle zwischen offiziellem Kult und Mysterienkult. Daraus ergibt sich meines Erachtens das Bild eines zweifachen Kultes, den diejenigen, die sich selbst Pastophoren nannten, betrieben. Im Gegensatz zu den eher flach hierarchisierten, autochthonen Kulten einer polis, trat der Isis-Kult tiefer hierarchisiert auf. Dies kam den griechischen Eliten gut gelegen. Die Pastophoren konnten die offenbarten Forderungen de Gottheit nach „emsiger Folgsamkeit“ und „gewissenhafter Dienstbarkeit“ (Apul. met. XI,6) erfüllen, indem sie den Kult in ihrer polis etablierten und für Prosperation sorgten. Ihr Lohn war indes nicht nur das Prestige, das sie ja zu einem guten Teil mit dem hiereus zu teilen hatten, der Lohn war vor allem überweltlich und jenseitig, denn es stand nur Isis allein frei „über die von deinem Schicksal bestimmte Zeitspanne hinaus auch dein Leben zu verlängern.“  Ein eigentlicher Gründungsakt lässt sich aus den späteren Inschriften nicht mehr nachweisen, sehr wohl aber der Fall eines „Priesters auf Lebenszeit und Pastophorus der Isis Augusta“ aus Aquae Aponi, bei dem die Vermutung naheliegt, dass er in einer frühen Phase des lokalen Isis-Kultes wohl zugleich Bindeglied und Spezialist war.