Deutsch Intern
Graduiertenschule für die Geisteswissenschaften

Perschthaler, Marie-Elisabeth

Dissertationsthema:
„Transformation als Aufgabe. Eine Rekonstruktion von Corine Pelluchons Werk für die evangelische Ethik.“

Kontaktadresse an der Universität Würzburg:
Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik
Wittelsbacherplatz 1
97074 Würzburg

E-Mail an Frau Perschthaler

Erstbetreuerin:  Prof. Dr. Katharina Wörn

Zweitbetreuende: 

Prof. Dr. Ulrike Zeigermann

Prof. Dr. Claus-Dieter Osthövener (Univ. Marburg)

Klasse in der Graduiertenschule: "Environmental Humanities"

Promotion in der Graduiertenschule ab SS 2024.

Abstract:
Die Autonomie des Menschen ist Erbe der Philosophie der Aufklärung. Nicht nur die Freiheit des Denkens, sondern auch die Unabhängigkeit des Individuums selbst von äußeren Zwängen ist innerhalb der europäisch-westlichen Kultur ein fast dogmatisch gewordener Kerngedanke. Doch er ist auch mitverantwortlich für eine Gegenwart, in der sich der*die Einzelne eher isoliert als emanzipiert hat, in der sich vermeintliche Freiheit als Orientierungslosigkeit entpuppt hat. Gesellschaftlich zeigt sich dies in einer Kultur des Misstrauens gegenüber dem Anderen, sowohl zwischenmenschlich als auch im Umgang mit der nichtmenschlichen Welt. Klimakatastrophe und die Ausbeutung von Tieren sind hierfür paradigmatisch.

Die französische Philosophin Corine Pelluchon versucht sich an einem Neudenken der Aufklärung. In frühen Arbeiten sowie ihren Büchern „Wovon wir leben – Eine Philosophie der Ernährung und der Umwelt“ und „Ethik der Wertschätzung. Tugenden für eine ungewisse Welt“ entwirft Pelluchon das Projekt einer „Philosophie der Körperlichkeit“, die von der Passivität und Vulnerabilität des Subjekts ausgeht und dem Menschenbild der Aufklärung ein alternatives, über seine Relationalität und Empfänglichkeit bestimmtes entgegensetzt. Die Verpflichtung gegenüber Anderen löst den radikalen Freiheitsgedanken ab. Dementsprechend beschreibt Pelluchon in „Das Zeitalter des Lebendigen. Eine neue Philosophie der Aufklärung“ die Gegenwart als „Zeitalter des Lebendigen“ in Abgrenzung von einer auf den Rationalismus und den damit einhergehenden Fortschrittsglauben fokussierten Vergangenheit. Für sie ist das Zeitalter des Lebendigen zugleich der Beweis des Scheiterns eines „Schemas der Herrschaft“ als auch Raum für notwendige Transformation. Hochaktuelle Fragen des Klimawandels und der Demokratie werden anhand eines ethischen „Schemas der Wertschätzung“ neu bearbeitet.

Die Dissertation mit dem Arbeitstitel „Transformation in der Ethik bei Corine Pelluchon“ verfolgt zwei Anliegen: erstens wird eine Rekonstruktion von Pelluchons philosophischem Gesamtwerk angestrebt. Die philosophischen und theologischen Theorien, die den Hintergrund des Werks bilden, werden in diesem Zusammenhang ermittelt und im Hinblick auf Fragen der gegenwärtigen (theologischen) deutschsprachigen Ethik bearbeitet. Bislang wurde noch keine ganzheitliche Darstellung von Pelluchons Werk auf Deutsch unternommen; die Arbeit versteht sich als Beitrag zur Füllung dieser Forschungslücke.

Das zweite Anliegen der Arbeit ist es, den Zusammenhang von Transformation – einem zentralen Konzept in Pelluchons Philosophie – und Ethik im Angesicht gegenwärtiger Krisen zu untersuchen. Die Arbeit will herausfinden, wie evangelische Ethik, die sich v.a. als methodische Bearbeitung von bestehenden Konflikten und Diskussionslagen durch Prozesse der Abwägung versteht, von Pelluchons Ansatz, der Transformation als Aufgabe ethischen Denkens bestimmt, profitieren kann.